Dienstag, 2. Februar 2016

Tag 10 - Tageswanderung

Heute geht es um halb 6 aus dem Bett und 6 gibts Frühstück, denn heute werden wir den ganzen Tag unterwegs sein und wir wollen ja nicht in der prallen Sonne starten.
Mit Rucksack gehts direkt von der Tropenstation los und wir laufen erst einmal eine Stunde durch den Regenwald. Wir kommen an geschlängelten Lianen, sogenannten Affenleitern, vorbei und bewundern knallbuntes Kaffeegewächs, das theoretisch sogar essen kann, aber ich lasse dann doch lieber davon. Ich sehe auch einen Tucan vorbeifliegen, aber von dem habe ich heute leider kein Foto für euch. 

Kaffee-Pflanze

Affenleitern


Dann landen wir auf einer Wiese oder Plantage oder Weide, ich weiß es nicht so genau, wo es Guavenbäume gibt. Wir können jeder ein Stück Guave essen und es schmeckt den meisten eh ganz gut, bis sie eine Made im Fruchtfleisch finden. Auch ich verzichte lieber auf die Zusatzproteine.
Auf der Wiese befindet sich eine kleine Schule, in die wir hinein fotografieren können, weil in Costa Rica gibts ja eigentlich keine richtigen Wände. 
Der Lehrer klaubt mit seinem Bus die 8 Schüler auf und unterrichtet sie dann mitten im Nichts in dieser Schule.




Anschließend geht es weiter und wir kommen an einen Fluss. Schuhwechsel ist angesagt, denn wir müssen mehrfach den Fluss durchqueren. Das ist ganz angenehm, weil mittlerweile heizt die Sonne schon in voller Kraft unsere Gemüter weich. An einer Stelle kann man im Fluss baden, allerdings gestaltet sich für uns Mädels das Umziehen als zu umständlich, und deswegen halten wir nur unsere Füße ins Wasser und lassen Maracuja-Schalen-Boote schwimmen. Im Nachhinein würden wir unser unterlassenes Bad bitter bereuen.

allgemeine Flussdurchwanderung



Badestelle
Ich bei einer Flussdurchquerung

 Badestelle von nahem

Ich vor einer Ölpalmenplantage (bei dir falsch abgebogen sind)


Allmählich wird das Wasser in unseren Flaschen modrig (das passiert hier recht schnell), aber Gott sei Dank passieren wir ein Haus des Nationalparks des Regenwalds der Österreicher. Dort steht ein Baum, der laut einem der Professoren mit Sauerampfer verwandt sein soll, was man auch als Nicht-Biologe ziemlich erstaunlich finden kann. Ein zweiter Baum liefert Früchte, die man (in Notzeiten) essen könnte, wenn man auf den Geruch von Farbe steht und bei einem dritten kann man sich mit den Samen entweder vor Moskitos schützen oder recht effektiv das Gesicht bemalen (die meisten entscheiden sich für letzteres). Ausserdem gibt es ein paar Pferde, die selbstverständlich gestreichelt werden müssen.
Sauerampfer-verwandter Baum (und Chris, der nie aus dem Bild gehen wollte)



Pferdefamilie


Früchte, die aussehen wie Dinoeier

Nationalparkhäuschen 

Kriegsbemalung

Material zur Kriegsbemalung

Bei dem Nationalpark-Kontrolleurs-Häuschen machen wir eine ziemlich lange Pause, denn wir müssen uns aus Nationalpark-Kontrolleurs-Häuschen-Kontrollzwecken in einem Buch eintragen, was eine Weile dauert, und können unser Wasser tauschen. Zu diesem Zeitpunkt ahnen wir nicht, wie weit der Weg noch sein würde. 


Anschließend geht es wieder durch Sekundärwald, um mal ein bisschen mit Fachbegriffen um sich zu werfen. (Sekundärwald ist, wenn man einen Wald (Primärwald) abholzt und dann neu pflanzt. Meistens lassen sich die Leute zwischen dem einen und dem anderen etwas Zeit und haben zwischenzeitlich auf dem gerodeten Waldplatz eine Weide oder eine Finca oder so etwas). Sekundärwald erkennt man schön an der Baumhöhe und dass noch nicht so viele Epiphyten (Pflanzen, die auf Pflanzen wachsen, z.B. Moos) auf den Bäumen wachsen. 
Wir bewundern eine Schlange, die sich als Ast tarnt (oder einen Ast, der sich als Schlange tarnt?), Termitennester und riesige Königreiche von Blattschneideameisen. Katharina erklärt mir nebenbei, dass Blattschneideameisen ihre Blätter schneiden, um sie als Dünger für Pilze, die sie züchten, zu verwenden. Also sind sie eigentlich wie winzig kleine Gärtner. Hakan (einer der Schüler) findet in der Zwischenzeit einen kleinen Gekko oder so etwas und bezeichnet ihn fortan als seinen Sohn und selbstverständlich will jeder Mal seinen "Sohn" halten. Dieser ist aber teilweise recht eigenwillig und springt von Person zu Person und klettert Arme, Schultern und Köpfe hinauf .

Peter mit Gekko

Meine Hand mit Gekko

Ich mit Gekko


Und DANN kommen wir zu einem Baum, der der Definition von Sekundärwald in jeder Form spottet. Vor uns erscheint ein Mammutbaum, dessen Umfang ich nicht einmal erahnen kann (oder vielleicht doch. So 20 bis 30 Meter werden es schon gewesen sein) und der in seiner Höhe über den restlichen Sekundärwald-Baumkronen verschwindet, aber es hieß, er solle so 60 - 70 Meter hoch sein. Die Maya verehrten früher diese Bäume und kletterten darauf herum, da Mammutbäume für sie die Verbindung zwischen Himmel und Erde darstellten. Was sehr nachvollziehbar ist. Wir ehren den Baum auf unsere ganz eigene Weise: Indem wir auf ihm unser Mittagessen verdrücken. Anschließend machen wir ein paar sehr Touristen-mäßige Fotos ringsherum und unser uns begleitender Tico Louis (Ein anderer Mann mit Machete) findet eine Liane, mit der sich natürlich alle 23 Schüler, 6 Studenten und 4 Lehrer schwingen wollen. 


Ich beim Versuch einer Baumumarmung


zwischen den Wurzeln

Baum in nicht annähernd voller Höhe

kleiner Baum vor einer Wurzel (!!!) des Mammutbaumes, ich zum Größenvergleich


Mammutbaum von unten nach oben fotografiert



playing Tarzan  (man beachte bitte diesen Bizeps :P )



Das Tarzan-Spielen dauert etwas lang, darum verlieren wir kurzzeitig den Anschluss zu unserer restlichen Gruppe, finden sie aber recht bald wieder. Wir gelangen zu einem Schild, das sagt "San Josecito" und wir wissen, dass sich dort unser Strand befindet. Leider müssen wir dafür über einen Berg steigen und es beginnt ein langer Aufmarsch. Immer wieder  glauben wir, der Anstieg könnte nun nicht mehr länger dauern, da werden wir keuchend, schwitzend und dreckig eines besseren belehrt. Durstig und mit den ersten Nerven, die durchgehen, steigen wir teilweise in der prallen Sonne den Berg hinauf. Auf dem Weg finden wir eine baumstammdicke Liane, die beklettert werden will, was auch alle tun. Bis auf wir Mädchen. Nicht, weil wir nicht wollen, aber wir schaffen es einfach nicht. 


Lianenbekletterung


Als es bergab geht, verschwindet auch sehr bald unsere Freude über die nachgelassene Anstrengung, denn es ist steil und rutschig und sehr schlecht befestigt. Permanent stürzt jemand.
Peter schafft es im Fallen sich von einem Skorpion in den Daumen stechen zu lassen und kurz herrscht große Aufregung, bis Gott sei Dank klar wird, dass es nur ein sehr kleiner, recht ungiftiger Skorpion war. Langsam verlieren die ersten ihren Mut, dass wir noch jemals unser Ziel erreichen werden, da erheitert uns Niki (auch ein Schüler) mit einigen sehr eigenwilligen Interpretationen von "Sail" und "99 Luftballons". Nach einer Weile bitte wir ihn, es gut sein zu lassen.


Und endlich. ENDLICH. ENDLICH!!!! als es schon niemand mehr für möglich gehalten hätte, erreichen wir wieder ebenen Boden, ein Flussbett, dem wir folgen müssen. Nach 10 Minuten letztem Kampf hören wir endlich das Meer und dann sehen wir es.














Der Strand sieht aus, wie aus einem Katalog. Den Golfo Dulce vor uns, hinter uns Regenwald mit Palmen und viel Grün. Schnell wird sich umgezogen und ins Wasser gestürzt. Nie war ich so froh, ins Wasser gehen zu können und den ganzen Schweiß und Dreck abzuwaschen. Das Wasser ist badewasserwarm, sicher mindestens 36° C und wird auch nicht kühler, als ich ein Stück hinaus schwimme, aber das ist egal.
Am Strand gibt es dann Kokosnusswasser und Kokosnussfruchtfleisch direkt mit der Machete vom Kokosnussbaum geerntet als Überlebenssnack, denn wir alle haben unser Wasser verbraucht, sind hungrig und durstig.


Strand mit Kokosnuss







Zwei Stunden lang dürfen wir baden und uns am Strand von dem Tagesmarsch erholen, dann kommt ein Boot, um uns nach Golfito zu bringen.
Mit einem schönen Blick immer der Küste entlang können wir das strahlendblaue Wasser bewundern, Pelikane, Dschungel und dekadente Villen von Leuten, die sich hier ein Ferienhaus leisten können. Allmählich ziehen dunkle Wolken auf.
Auf dem Boot gibt es Cola, Bier und Wassermelone für alle. Zwei Chihuahuas gehören dem Bootsbesitzer, die wagemutig auf der Reling spazieren gehen und trotz des teilweise nicht zu glatten Seegangs das Boot umrunden. Ich fürchte immer bei einer größeren Welle, das gleich einer der Hunde im Wasser landet. Aber nichts passiert und auch diese Tiere werden ausgiebig gestreichelt. 





Wir umrunden einmal den Hafen von Golfito, bewundern von der Ferne Michael Schnitzlers Ferienhaus (Gründer des Regenwalds der Österreicher) und sehen am Strand einige winzige Hütten von sogenannten Landbesetzern, hinter denen die Sonne untergeht. 

Landbesetzer

Sonnenuntergang

mehr Sonnenuntergang



In der Sekunde, in der wir mit dem Boot am Hafen landen, beginnt es wieder wie aus Kübeln zu gießen. Wir rennen alle schnell zum Bus und werden trotzdem klatschnass. Nach einer kurzen Klopause ist es draußen schlagartig zappenduster, denn die schweren Regenwolken verdecken das verbliebene Sonnenlicht und die Sonne geht innerhalb weniger Minuten sehr rasch unter. Als wir im Bus sitzen, ist es schlagartig Nacht. 

Eine Stunde brauchen wir von Golfito zur Tropenstation. Golfito sieht im Dunkeln mit der spärlichen Hafenbeleuchtung und mit den flachen in die Berge gebauten Hütten gespenstisch aus. Mit dem Bus fahren wir durch düsteren Regenwald über eine Schotterpiste und durchqueren kurz vor der Tropenstation sogar einen Fluss. 
Als wir losfahren, sind wir alle nass und erschöpft. Wir dösen alle vor uns hin und meine Gedanken sind wieder einmal nur bei einem: Nämlich bei dir, Sebi. ;) 






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